11. April 2023
Matthias Wagener

Streaming - Folge 03 -
Netzwerkinfrastruktur

28% der Treibhausgas-Emissionen durch Streaming gehen auf das Konto der Netzwerkinfrastruktur.
Das beinhaltet nicht nur die Materialien selbst, die zur Herstellung von Kabeln, Sendemasten und anderen technischen Einrichtungen eingesetzt werden, sondern auch die Art unserer Internetverbindung.
Der Stromverbrauch beim Streaming hängt maßgeblich davon ab, ob wir über WLAN oder mobile Daten streamen und welche Infrastruktur entsprechend zum Einsatz kommt.

Grundsätzlich verursacht das Streaming über eine WLAN- oder LAN-Verbindung weniger Emissionen als über eine mobile Verbindung. Falls absehbar ist, dass zum Zeitpunkt des Streamens keine WLAN-Verbindung verfügbar sein wird, lohnt es sich also, Videos oder Musik herunterzuladen, solange man sich in Reichweite eines WLAN befindet. Diese Information ist vor allem für diejenigen wichtig, die StreamOn-Angebote nutzen, wie es sie zum Beispiel bei der Telekom gibt. Hier ist es eine Überlegung wert, beispielsweise die Lieblingsplaylist oder einige Folgen eines interessanten Podcasts aufs Handy herunterzuladen, bevor man sich auf den Weg macht.

Beim Streaming mit mobilen Daten über das 3G Netz ist die Umweltbelastung erheblich. Schaut man einen Film mit 90 Minuten länge, was heutzutage überraschenderweise immer noch der Durchschnitt ist, mobil über das 3G Netz, dann verursacht das einen CO2-Ausstoß von etwa 135 Gramm.
Mit dem heutigen 5G-Standard dagegen liegt die CO2 Belastung nur noch bei 7,5 Gramm für die Laufzeit desselben Films!
Meist werden Filme natürlich zuhause über W-LAN gestreamt. Mit einer Kupferkabelverbindung bedeuten 90 Minuten Streaming einen CO2-Ausstoß von 6 Gramm. Wer das Glück hat, über einen Glasfaseranschluss zu verfügen, der kann die Umweltbelastung durch CO2 beim Streamen dieses durchschnittlich langen Films auf 3 Gramm reduzieren.

Dass ein Glasfaseranschluss vergleichsweise umweltfreundlich gegenüber einer Verbindung mit Kupferkabel ist, liegt unter anderem an der Rohstoffgewinnung und Herstellung für das Kupfer selbst.
Die vor allem in Südamerika verbreiteten Kupferminen verschlingen Unmengen an Wasser und es werden schädliche Chemikalien freigesetzt, die zusätzlich das Wasser für die einheimische Bevölkerung unbrauchbar machen und Böden verseuchen. Hinzu kommen Umweltbelastungen durch weite Transportwege.
Die Glasfasern für die Produktion von Glasfaserkabeln werden aus Quarzsand hergestellt. Obwohl auch Sand keine unendliche Ressource ist, kommt er doch in vielen Sand- und Gesteinsformen, auch in Mitteleuropa, natürlicherweise vor, und der Abbau von Sand ist um ein Vielfaches umweltfreundlicher als der Abbau von Kupfer. Auch wird für die Herstellung von Glasfaserkabeln insgesamt weniger Material benötigt als für die Herstellung von Kupferkabeln.

Doch auch beim Sandabbau gibt es in Bezug auf die Nachhaltigkeit einiges zu tun – vor allem durch einen vorsichtigeren Umgang mit der nur scheinbar unendlichen Ressource Sand und seinen Abbaugebieten und durch konsequentes Recycling.

Auch im eigentlichen Betrieb haben Glasfasernetze aufgrund ihres deutlich geringeren Stromverbrauchs einen deutlichen Vorteil gegenüber anderen Übertragungstechnologien. Denn die Glasfaserübertragung verbraucht bis zu 17-mal weniger Strom als VDSL und Super Vectoring.
Im Auftrag des Bundesverbands Breitbandkommunikation (BREKO) hat die Technische Hochschule Mittelhessen (THM) die Nachhaltigkeit der verschiedenen Internet-Zugangstechnologien untersucht. Die Studie zeigt, dass reine Glasfasernetze bis in die Wohnung im laufenden Betrieb bis zu 6 Mal weniger Strom verbrauchen als kupferbasierte Kabelverbindungen.

Obwohl der Ausbau des Glasfasernetzes also im Endeffekt auch im ökologischen Sinne von hoher Bedeutung ist, weil weniger umweltschädliche Emissionen entstehen, gibt Deutschland in diesem Bereich im Vergleich zu anderen Ländern beim Einsatz dieser Technologie nach wie vor kein gutes Bild ab.
Gemäß dem „European FTTH/B Market Panorama 2022“ des FTTH Council Europe rangierte Deutschland im September 2021 im europäischen Vergleich auf Platz 35 von insgesamt 37 untersuchten Ländern.
Es gibt also weiterhin einiges zu tun beim Anschluss von Haushalten, Geschäftsräumen und Gebäuden an das Glasfasernetz.

Wenn man allerdings zu den Glücklichen gehört, die über einen “Fiber-To-The-Home-Anschluss” verfügen können, kann man sich bewusst für den Klimaschutz beim Streaming entscheiden, indem man diesen dem Kupferkabel-Anschluss vorzieht.

Es zeigt sich, dass die Umweltbelastung durch neue Technologien deutlich reduziert werden kann. Dennoch ist die Tatsache nicht zu vernachlässigen, dass auch bei der Einführung neuer Standards, wie zuletzt der Einführung von 5G, Einrichtungen der Infrastruktur ersetzt oder aufgerüstet werden müssen und dass wir durch diese Neuerungen über kurz oder lang dann auch gezwungen sind, unsere Endgeräte zu ersetzen.
Dazu trägt auch unsere eigene Ungeduld bei. Wir wollen immer schnellere Netze mit höherer Bandbreite, um ein paar Millisekunden schneller zu werden oder noch bessere Bildqualität zu erzielen. Dafür muss die Infrastruktur stetig angepasst werden. Jeder neue Mobilfunkstandard produziert also auch jede Menge Müll und Emissionen.

Spoiler:

In der nächsten Folge unserer Streaming-Serie sind wir als Endverbraucher am Zug. Denn der überwiegende Teil der CO2-Emissionen beim Streaming geht auf das Konto der eingesetzten Endgeräte. Wir beschäftigen uns mit der Frage, wie wir durch unsere Kaufentscheidung und unseren achtsamen Umgang mit Laptop, Smartphone und TV Umweltbelastungen verringern können.