22. Februar 2023
Franziska Krenz
In Folge 01 unserer Streaming-Serie haben wir uns vor allem mit den Anfängen des Streamings beschäftigt – und erfahren, dass Streaming aktuell etwa 82% des Netzverkehrs ausmacht. Um Wege zu finden, unseren CO2-Fußabdruck beim Streaming einzudämmen, werfen wir nun einen Blick auf die Quellen der Treibhausgasemissionen durch Streaming – das sind die zum Einsatz kommenden Rechenzentren, die Netzwerkinfrastruktur und die benötigten Endgeräte.
Ob nun ein Video, Film, Lied, eine Podcastfolge, das Fernsehprogramm oder das Bild einer Webcam – alles, was wir tagtäglich streamen, hat drei Quellen von Treibhausgas-Emissionen. Das sind die Rechenzentren, die Netzwerkinfrastruktur und die benötigten Endgeräte.
Rechenzentren gelten als Herzstück des Streamings und verursachen immerhin 25% der Treibhausgas-Emissionen des digitalen Sektors.
Während wir einen Film streamen, durchlaufen die Daten fast zeitgleich eine Vielzahl von Rechenzentren. Von dem Moment, in dem wir auf den Play-Button drücken bis zu dem Zeitpunkt an dem das gesamte Video auf unserem Rechner geladen ist, legen die Daten eine Strecke von mehreren tausend Kilometern zurück und passieren dabei ein ganzes Netz aus Servern, die 24h am Tag laufen und dabei neben dem Betriebsstrom auch auf energieintensive Klimaanlagen zur Kühlung angewiesen sind. Je länger die Strecke ist und die Anzahl der durchlaufenen Server, welche die Daten passieren, desto höher ist auch der Stromverbrauch und damit der Ausstoß an Treibhausgasen.
Einsparpotential bietet hier vor allem die Art der Energie, die für den Betrieb der Rechenzentren eingesetzt wird und die energieeffiziente Nutzung der Server-Standorte. Um hier nachhaltige Lösungen zu etablieren, sind in erster Linie die Streamingdienste selbst gefragt, von denen in Deutschland Netflix mit 31% Marktanteil und Amazon Prime Video mit 30% Marktanteil die größten sind.
Netflix verfolgt eine 1,5-Grad-Strategie, die der aktuellen Klimaforschung entspricht und setzt diese gemeinsam mit seinen Geschäftspartnern um. So sieht sich das Unternehmen auf dem Weg, Emissionen zu reduzieren.
Netflix nutzt die Rechenzentren der Amazon Web Services (AWS), die spätestens ab 2025 zu 100 % mit erneuerbaren Energien betrieben werden sollen.
Amazon, das nicht nur den Streamingdienst Prime Video unterhält, sondern mit dem Tochterunternehmen Amazon Web Services (AWS) einer der weltweit führenden Anbieter im Cloud Computing und Betreiber von Rechenzentren ist, gilt als weltweit größter Abnehmer von erneuerbaren Energien. Deren Anteil in allen Betriebsabläufen, einschließlich dem Betrieb der Rechenzentren, betrug bis Ende 2021 etwa 85 Prozent.
Dabei betreibt Amazon selbst einen Großteil der benötigten Windkraft- und Photovoltaikanlagen.
Auch der mit einem Marktanteil von 21% drittgrößte Streaminganbieter in Deutschland, Disney+, nutzt die Rechenzentren der Amazon Web Services.
Apple ist ebenfalls sowohl Streaminganbieter – wenn auch mit 4% Marktanteil im Jahr 2022 eher einer der kleineren – als auch Betreiber von Rechenzentren. Das Unternehmen unterhält derzeit acht eigene Rechenzentren, verteilt über Nordamerika, Europa und Asien, und gibt in seinem Environmental-Progress-Report 2022 an, dass diese zu 100 Prozent mit Strom aus sauberen, erneuerbaren Quellen wie Sonne, Wind, Wasserkraft und Brennstoffzellen für Biogas versorgt werden.
Die größte Videoplattform für User Generated Content, YouTube, nutzt die Rechenzentren von Google, die nach eigener Aussage zu 100% mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Ab spätestens 2030 will Google CO2-frei arbeiten.
Der Musikstreaming-Dienst Spotify ist Mitglied verschiedener Nachhaltigkeitsinitiativen. Das erklärte Ziel des Unternehmens ist es, ebenfalls bis ca. 2030 Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Dabei hilft dem Unternehmen sicher auch, dass es im Jahr 2018 alle eigenen Rechenzentren geschlossen hat und in die Google-Cloud migriert ist.
Um Rechenzentren wirtschaftlich effektiver zu gestalten, setzen zum Beispiel Technologieriesen wie die oben erwähnten Apple und Amazon beim Aufbau von Rechenzentren bereits seit einigen Jahren zunehmend auf einheitliche Rechnerarchitekturen, die sich leicht und schnell auf jede beliebige Ausbaustufe vergrößern lassen. Die dadurch entstehenden Hyperscale-Rechenzentren sind nicht nur in Bezug auf Leistung, Kapazität und Skalierbarkeit optimiert, sondern durch ihre zentralisierte und effektive Arbeitsweise auch in Bezug auf ihre Energieeffizienz. So können Hyperscale-Rechenzentren bei weiterhin stetig steigendem Bedarf an Rechenzentren durchaus dabei helfen, Emissionen zu reduzieren.
Ein Rechenzentrum wird gemeinhin ab einer Größe von ca. 10.000 Quadratmetern und einer Leistung von durchschnittlich mehr als 25 MW als Hyperscaler angesehen.
Leider birgt die Entwicklung hin zu Hyperscale-Rechenzentren auch Nachteile zu Lasten der Standorte: Wenn die Anzahl und Größe von Rechenzentren weiter wächst, dann sind in absehbarer Zeit nicht mehr genug Produktionskapazitäten für die am Standort benötigte Energie vorhanden. Die Rechenzentren und damit auch das Streaming könnten dann zu Blackouts in den betreffenden Regionen führen.
Auch wenn die Betreiber von Rechenzentren durch den Aufbau von Windkraftanlagen oder Solarparks die benötigte Energie zum Betrieb der Anlage selbst erzeugen, so wie es beispielsweise Amazon schon seit einigen Jahren tut, bleibt ein weiterer wichtiger Faktor zu berücksichtigen: Die Flächen, auf denen die Rechenzentren und insbesondere Hyperscales aufgebaut werden, stehen nicht mehr für andere Zwecke zur Verfügung. Zugespitzt formuliert stellt sich somit über kurz oder lang die Frage „Wollen wir lieber Streamen oder Essen?“.
In Bezug auf die Nachhaltigkeit von Rechenzentren sind Entwicklungen zur energieeffizienten Nutzung ein Lichtblick.
Vor allem die Kühlung von Rechenzentren verbraucht einen großen Teil des anfallenden Energieeinsatzes. Die beim Kühlvorgang produzierte Wärme verpuffte in der Vergangenheit meist ungenutzt, weil Server in der Regel mit Luft gekühlt wurden. Heutzutage wird zunehmend an flüssigkeitsgekühlten Servern geforscht, denn im Gegensatz zur Kühlung mit Luft kann bei der Kühlung mit Flüssigkeiten die entstehende Energie aufgefangen und wiederverwendet werden.
Wassergekühlte Serversysteme kommen vielerorts schon zum Einsatz.
Zum Beispiel beim Dresdner Unternehmen Cloud&Heat. Das VAST FORWARD Team erhielt während unseres VAST DevDay 2022 in Dresden einen Einblick in die Arbeits- und Funktionsweise der Rechenzentren des Anbieters für energieeffiziente, skalierbare, sichere und zukunftsfähige Server-Lösungen. Cloud&Heat setzt im Sinne der Nachhaltigkeit und Energieeffizienz beim Betrieb seiner Rechenzentren auf platzsparende und umweltfreundlichere Wasserkühlung.
Durch Rückgewinnung von Abwärme werden die Kühlsysteme der Cloud&Heat-Server gleichzeitig für Heizzwecke in Gebäuden genutzt. Dabei sind wassergekühlte Kühlkörper direkt an den Hotspots der Server installiert, wodurch eine hohe Packungsdichte der Serverracks erreicht und gleichzeitig der Energieverbrauch des Kühlsystems reduziert wird.
Auch das Beheizen von Aufzuchtanlagen für Tiere und Pflanzen ist möglich. Mit Blick auf die steil ansteigende Bevölkerungskurve unseres Planeten und den einhergehenden zunehmenden Platzmangel eröffnen sich dadurch auch spannende Lösungen zur Ernährung der Weltbevölkerung, zum Beispiel im Bereich des Vertical Farming.
Andere Unternehmen, wie beispielsweise Amazon Web Services, setzen bei der energieeffizienten Nutzung ihrer Rechenzentren auf die Reduzierung der verbrauchten Wassermenge durch Verdunstungskühlung in Verbindung mit modularen Wasseraufbereitungssystemen vor Ort.
Tatsächlich zeigten US-Forscher im Jahr 2020 in einer Studie auf, dass Rechenzentren immer effizienter werden und dadurch auch weniger Energie verbrauchen als mitunter prognostiziert wurde.
Die Studie weist aber auch darauf hin, dass in Zukunft weiterhin in die Verbesserung der Energieeffizienz von Rechenzentren investiert werden muss. Gerade weil weltweit immer mehr Daten übertragen werden.
Quellen:
Nachhaltigkeit von Streaming von bitkom.org
Video-Streaming und CO2 von bitkom.org
Rechenzentren Stromhunger von it-daily.net
Frankenstream von arte.tv